top of page
AutorenbildFelicitas

10 Wege zur Kultur: Berner Besonderheiten

Bern steckt voller Überraschungen, Lebensqualität und Wohlfühlatmosphäre. Kunst und Kultur haben in Bern vielerorten starke Auftritte – und gehen wunderbare Liaisonen ein. Alte und neue Architektur besichtigen, auf den Spuren Einsteins durch die Stadt treideln, die schönsten Panoramaaussichten genießen, die Musikszene entdecken, sich in herrlichen Nebensächlichkeiten verlieren. Da möchte ich hin – und dort. Doch wie der Fülle begegnen? Ich zeige Dir 10 Wege zur Kultur, auf denen Du dieser einzigartigen Stadt näher kommst. Entdecke Berner Besonderheiten!

Bern, Blick zum Münster im Frühling
Kenner zählen Berns Altstadt zu den schönsten Europas © Bern Welcome
Nimm Dir Zeit für Bern, wenn Du kannst. Lass Dich ein auf den Zauber und die Melodie dieser Stadt. Sie ist viel zu schade für einen Kurztrip und lohnt einen Besuch zu jeder Jahreszeit.

Ein Erkundungs-Leitfaden für die Stadt


Die Altstadt – Ein Eldorado für Geschichts- und Kulturfans

Von der Zähringerstadt bis zur Weltkulturerbe-Stätte

Es macht Spaß, sich in den Gassen der Altstadt zu verlieren. Die Sonne muss hochstehen, um hier Einlass zu bekommen. Die Zähringer haben es vollbracht: Sie hinterließen nachhaltige Spuren in Bern. Weitgehend erhalten, beeindruckt das mittelalterliche Stadtbild mit seinen massiven Sandsteingebäuden bis heute. Hervorgegangen aus einem schwäbischen Adelsgeschlecht machten die Zähringer bald als Stadtbaukünstler von sich reden. Ob in Thun oder Fribourg in der Schweiz oder in Freiburg im Breisgau in Deutschland – sie schafften emsig und nach Kriterien, die erst mit der modernen Stadtplanung im 19. Jahrhundert wieder aufkommen sollten. Einige Beispiele: Sie bauten frei von Sackgassen, mit gleichgroßen Parzellen (damit kein Streit aufkam), mit weitsichtigen Wasserkonzepten. Herzog Berchthold V. von Zähringen gründete Bern 1191 als Bollwerk seines Reiches (Breisgau) gegen den Westen. Dazu lud die Aare-Halbinsel geradezu ein, bot sie doch von drei Seiten natürlichen Schutz.

Das Berner Münster an der Aare
Das Münster und die Aare, zwei wichtige Protagonisten Berns © Bern Welcome

Dann 1405 die Zäsur – die Zähringer waren längst ausgestorben –, als ein verheerender Brand in der Stadt wütete und weite Teile der Holzbebauung ins Feuer riss. Die Stadtoberen zögerten nicht lange und ordneten den Wiederaufbau der Häuser – aus graugrünem Sandstein – an. Glücklicherweise erhielt sich die Kontinuität im Städtebau über die Jahrhunderte. Dafür erntete die Berner Altstadt 1983 einen Platz auf der Liste der UNESCO-Weltkulturerbe-Stätten. Herzog Berchthold V. hätte es gefallen.


Warum es in den Hauptgassen so eng ist

Der britisch-schweizerische Schriftsteller und Philosoph Alain de Botton spielt in seinen Bern-Bonmots auf die engen Gassen im Altstadtkern an. Gassen sind hier wohlgemerkt die Hauptstraßen der Innenstadt. Sind sie eng oder wirken sie nur eng? Die Häuser auf beiden Straßenseiten, unter ihnen prachtvolle Zunfthäuser mit geschmiedeten Gewerbeschildern, stehen scheinbar dicht face à face gegenüber. Viel Raum lassen sie dem Straßenverkehr nicht. Gemütlich nähert sich eine Straßenbahn. Aus der Gegenrichtung schwingt sich eine andere um die Ecke. Sie entlässt einige Tramgäste, auf das mittelalterliche Kopfsteinpflaster hüpfend. Ein Bürgersteig nimmt sie nicht auf, das übernehmen überdachte Laubengänge.

Laubengang in Bern
Auf einen Apéro? Die Arkaden gewähren Unterschlupf bei jedem Wetter © fega

Da sind sie also: die Flächenräuber! Die Laubengänge, eine Errungenschaft des Wiederaufbaus nach dem großen Stadtbrand. Und heute: ein Markenzeichen der Stadt. Der Tradition der Laubengänge, die über die Jahrhunderte weitergeführt wurde, verdankt Bern einen der längsten Arkadenzüge Europas, mit stolzen 6.000 Metern. Ob zum Flanieren, Einkaufen oder auf einen Apéro: Unter den Laubengängen lässt sich auch Windböen trotzen und bei Regenattacken etwas unternehmen.


Das Berner Münster und seine permanente Ausstellung

Eine weitere „Errungenschaft“ des Stadtbrandes von 1405 ist das Berner Münster. Eine größere Kirche musste damals her. 1421 wurde der Grundstein für den größten Sakralbau der Schweiz gelegt. Seine volle spätgotische Pracht konnte er erst 1575 entfalten. Der Turm erlebte seine Vollendung erst 1893. Das Berner Münster hat seitdem manches Baugerüst gesehen; heute ist es frisch renoviert.


Wer es nicht in die gewaltige gotische Kirche schafft oder sie geschlossen vorfindet, kann sich in ein eindrucksvolles Bildhauerwerk an der Außenfassade hoch oben über dem Westportal versenken; vielen gilt es als größte Attraktion. Die Reliefgruppe des Jüngsten Gerichts erstrahlt nach jahrzehntelanger Restaurierung wieder in vollem Glanz: 294 Figuren vergegenwärtigen uns anschaulich und detailliert, wie sich die westliche christliche Tradition das Ende aller Tage vorstellte. Geschaffen hat das Kunstwerk der Münsterwerkmeister Erhart Küng im letzten Drittel des 15. Jahrhunderts. Auch wenn die Sünder in der Hölle nackt darben müssen – nur die „Guten“ kommen ja in den Himmel und dürfen angekleidet sein –, so haben sie es doch allesamt geschafft, bis heute original erhalten zu bleiben. Unbedingt anschauen!

Ragt über 101 Meter hoch in den Berner Himmel © fega

Besichtigung unter freiem Himmel: Relief des Jüngsten Gerichts am Westportal des Berner Münsters © Bern Welcome

Blick von der Münsterplattform
Blick von der Münsterplattform © fega

Marktkultur in Bern

Dienstagvormittag. Es herrscht munteres Treiben auf dem Bundesplatz in Bern, Marktzeit am Regierungssitz der Schweiz. Die Stände, über den Platz hingewürfelt, locken mit Obst- und Gemüsewaren in üppigen Auslagen. Im Farbspektrum grün-rot-gelb leuchten Wirsing, Tomaten, Kürbisse und jede Menge Sonnenblumen um die Wette. „Markttag ist heilig,“ erklärt mir der Berner Stadtführer Thomas Meyer später. Will sagen: Nichts anderes darf zur Marktzeit stattfinden. So musste gar das Stadtfest für den Wochenmarkt einmal einige Stunden unterbrochen werden ...

Wochenmarkt auf dem Berner Bundesplatz
Wochenmarkt auf dem Berner Bundesplatz © fega

Einige der Märkte – wie der Fleisch-, Wurst- und Delikatessenmarkt in der Münstergasse – bleiben bis heute den Vorgaben für Zähringerstädte treu und finden auf den Straßen und nicht auf einem zentralen Platz statt. Übrigens: Bern punktet mit der reichsten Marktkultur innerhalb der Schweiz. Eine Auswahl:

  • Wochenmarkt auf dem Bundeshaus (Dienstag und Samstag)

  • Bärenmärit auf dem Bärenplatz (der Bär ist das Wappentier Berns)

  • Kunst-Handwerkermarkt auf der Münsterplattform (von März bis November an jedem ersten Samstag)

  • Flohmarkt im Mattequartier (sehr lohnendes Viertel, unbedingt einen Besuch wert)

  • kunsthandwerklich geprägter Weihnachtsmarkt am Münsterplatz

  • In Bern hat der Weihnachtsmarkt den schönen Namen Sternenmarkt. Der Name ist Programm. Es funkelt und strahlt in der direkt neben dem Bundeshaus gelegenen Parkanlage kleine Schanze“, das nächste Mal wieder vom 23.11. bis 30.12.2023.

  • Zibelemärit (Zwiebelmarkt)

Der Zibelemärit ist ein, wenn nicht DER Höhepunkt in der Berner Marktsaison. Er schenkt den Berner:innen einen halben Urlaubstag und wird alljährlich am vierten Montag im November mit einer Konfettischlacht gekrönt.

Zwiebelmarkt vor dem Berner Bundeshaus
Saison-Highlight im November: der Zibelemärit (Zwiebelmarkt) © Bern Welcome
Konfettischlacht auf dem Zwiebelmarkt in Bern
Zibelemärit, aber bitte mit Konfettischlacht © Bern Welcome

Stadt der 100 Brunnen

Wie wäre es mit einem Brunnenspaziergang? Geht in Bern ohne Weiteres. Ob als Grußboten vergangener Zeiten oder als Symbol für die Lebensquelle im Mittelalter: Brunnen prägen das Straßenbild bis heute. Über 100 sollen es sein. Noch vor 100 Jahren spendeten Stadtbrunnen weit mehr als Wasser. Ein wichtiger Teil des öffentlichen Lebens hatte hier seinen Schauplatz. Es ging geschäftig zu. Hier trafen sich Mägde und Frauen zum Waschgang, machten Bauern mit ihrem Vieh auf dem Weg zum Markt halt und Fuhrleute tränkten ihre Pferde.


Wer heute geradewegs die Hauptverkehrsader Berns vom Bahnhof bis zum Bärenplatz hinunter flaniert, trifft allein auf sieben historische Brunnen (insgesamt 11 haben die Zähringer hinterlassen), etwa den Gerechtigkeits- oder Zähringerbrunnen. Und jeder Stadtbrunnen könnte eine eigene Geschichte erzählen, eine weniger schöne sicher der Kindlifresserbrunnen.


Ein Brunnen für die Kunst: Bern und Meret Oppenheim

Und: Es gibt auch einen Brunnen für die Kunst. Dafür machen wir einen Sprung zurück ins Jahr 1983. Als die acht Meter hohe Steinsäule am Waisenhausplatz unweit des Kunstmuseums Bern aufgerichtet wurde, um einen Brunnenentwurf der surrealistischen Künstlerin Meret Oppenheim zu realisieren, begannen sich sofort einige Gemüter zu erhitzen. Worte wie „Schandmal“ oder „Fabrikschlot“ fielen. Und das für das, was Oppenheim – als Symbol für Wachsen und Leben – als Vermächtnis an ihren jahrzehntelangen Wohn- und Arbeitsort Bern entworfen hatte! Doch der Brunnen, ursprünglich ratzekahl, entwickelte sich unverdrossen vegetativ prächtig und sammelte über die Jahre Unmengen von Moos und Kalk an. Das ließen schon mehr Leute als Kunstwerk gelten. Übrigens war es Oppenheim, die sagte: „Zum Glück ist Kunst viel weniger ernst, als sie von Kunsthistorikern gemacht wird.“

Bern, Meret Oppenheim-Brunnen
Ein Symbot für Wachsen und Leben: der Meret Oppenheim-Brunnen © Bern Welcome

Gurlitt und Bern – eine posthume Beziehung

Sehr viel ernster geht es mit Kunst und mit wertvoller kunsthistorischer Expertise weiter: Durch die Schenkung der 1.600 Kunstwerke umfassenden Gurlitt-Sammlung an das Kunstmuseum Bern gewann Bern als Kunststadt international stark an Renommee. In seinem Testament hatte Cornelius Gurlitt (1932-2014), Sohn von Hildebrand Gurlitt (1895-1956), der in der NS-Zeit umstrittene Kunstgeschäfte machte, dem Kunstmuseum 2014 überraschend diesen Fundus vermacht. Was sich dahinter verbirgt, wie das Kunstmuseum Bern mit der Verantwortung im Umgang mit Kunstwerken und Fragen zu ihrer Provenienz umgeht und wie es zu einer neuen Museumsidentität fand, erfährst Du in meinem Beitrag Das Kunstmuseum Bern, Gurlitts Erbe und die Provenienzforschung.

George Grosz, Straßenszene, Federzeichnung über Aquarell
Eines von vielen aus der Gurlitt-Sammlung: George Grosz o. T. [Strassenszene], ohne Datum, Feder in Schwarz [Tusche], über Aquarell, auf Papier [vergé] 47,9 x 56,6 cm © Kunstmuseum Bern, Legat Cornelius Gurlitt 2014

Meine Entdeckung – das Alpine Museum

Äußerlich kommt das Alpine Museum unspektakulär daher. Doch das Innere hat es in sich. Alpenhörner oder Jagdtrophäen: Fehlanzeige. Als „Botschaft der Alpen“ in der Bundeshauptstadt der Schweiz möchte das Haus gelten, 2013 als „europäisches Museum des Jahres“ ausgezeichnet. Ausstellungen zu aktuellen Themen aus der großen weiten Bergwelt von den Alpen bis zum Himalaya stehen – unkonventionell konzipiert und attraktiv gestaltet – im Fokus.


Die Themen sprechen für sich: Extrembergsteigen im Medienzeitalter, Skirennen in Afghanistan, Sommerfrische und Klimawandel, Bergbauern und Gletscherschwund oder aktuell „Fundbüro für Erinnerungen, № 2: Frauen am Berg“. Hingehen!

Alpines Museum Bern, Ausstellungsdetail
Alpines Museum Bern: Eine gute Adresse, nicht nur für vielseitige Themen aus der Bergwelt © fega

Grün trifft blau: Der Botanische Garten an der Aare

Nachsommer-Stimmung liegt über dem Botanischen Garten der Stadt. Schon Goethe wusste, dass der Herbst in Bern besonders gefällig“ sei. Wie recht er hat. Es ist Mittagszeit: Studierende der nahegelegenen Berner Fachhochschule suchen nach einem lauschigen Plätzchen für ihre mitgebrachte Mahlzeit. Kann das sein? Einfach reingehen, ohne Eingangsmodalitäten. Hier ist der Eintritt frei – noch besser! Ich gehe, nein: schwebe die Sonnenseite des steilen Hangs hinab zum Fluss, begleitet von Baumgruppen, Sträuchern, Stauden mit ihren Laub- und Nadelkleidern in sanften bis kräftigen Grün-, Gold-, Gelb- und Rottönen.

Über 5.500 Pflanzen beherbergt der zur Universität Bern gehörende Botanische Garten. Von den Alpen bis in die Tropen, vom Himalaya, den Rocky Mountains, durch den Balkan und über die Pyrenäen führt meine botanische Weltreise. Und schließt perfekt an meine aus dem Alpinen Museum mitgebrachten Eindrücke an. Hier auf dem Erdboden sorgen in den Schweizer Alpen ansässige Pflanzen für Heimatbezug und Bodenhaftung sowie ein nach Bernischem Vorbild angelegter Bauerngarten.


Kurz zurück zu Goethe: Der war eher in den alpinen als in den urbanen Gefilden der Schweiz zu finden – auch wenn er Bern ganz oben in seiner Städte-Rangliste einordnete („Sie ist die Schönste, die wir gesehen haben.“), es hielt ihn nicht lange. In den Bergen suchte der Dichter Ruhe und Einsamkeit als Mittel gegen seine Rastlosigkeit. Woher die kam? Überliefert ist, dass ihm seine vielen Frauenbekanntschaften über den Kopf wuchsen ...


Schließlich gelange ich zur Aare. Sie spielt mit dem Herbstlicht. Vom Grün zum Blau – wie wunderbar das ist? Und wieder diese Ausblicke! Da, ein Märchenschloss auf der anderen Flussseite. Und dann – bleibt es einfach schön, auf meinem Spazierweg an der Aare entlang. Ein Muss für jeden Bern-Aufenthalt!


Mit etwas Glück tummeln sich die Stadtbären Finn, Ursina und Björk gerade in ihrem Gehege. Ich bekomme sie tatsächlich gemeinsam vor die Linse, bevor ich mein nächstes Ziel ansteuere. Es geht recht steil bergan: zum Rosengarten und damit erneut zu einem der vielen hinreißenden Ausblicke (s. Highlight Nr. 10).

Bern, Botanischer Garten
Märchenhafte Stimmung: Blick aus dem Botanischen Garten © fega

Berner Berühmtheit: Einstein ist überall

Ich male mir aus, wer schon alles auf die Zytglogge (Zeitglocke) am Ende der Kramgasse geschaut hat. Einer wieder vorneweg: Na, wer? Klar, Albert Einstein! Wer weiß, ob er die Relativitätstheorie entwickelt hätte, hätte er nicht aus seiner Schreibstube auf die „schönste Gasse der Welt“ (so die Anwohner der Kramgasse) geblickt, abends nach seiner Arbeit im Berner Patentamt.


Die Berner:innen danken es ihm: Wo Einstein überall fortlebt! Ob hier im Einstein-Haus, wo das Genie von 1903 bis 1905 mit seiner ersten Ehefrau Mileva, einer Mathematikerin, wohnte. Über sie soll er gesagt haben: „Ich brauche meine Frau. Sie löst alle meine mathematischen Probleme“. Oder im Einstein-Museum, wo man in der „weltweit größten Einstein-Ausstellung“ über Experimente und Animationen den bahnbrechenden und revolutionären Theorien des genialen Wissenschaftlers näherkommen kann. Und gleich unten im Einstein-Haus lädt das Einstein-Café zum „Käfele“ ein. Wer mehr Aussicht möchte, begibt sich ins „Einstein au Jardin“ direkt auf die Münsterplattform, auch so ein charakteristischer Bern-Ort.


Weiter geht es mit Einstein: Für Wissensdurstige wären da noch die Einstein Lectures an der Universität Bern. Und nicht zuletzt: An manches Selfie gewöhnt empfängt der große Meister als prominenter Sitznachbar auf einer der vier ihm in der Stadt gewidmeten Bänke, ganz in edle Bronze gewandet. Und das, obwohl das Genie eher glamourlos in verbeulten Hosen und abgetragenen Pullovern seinen Passionen nachgegangen sein soll.

Hat stets ein Auge auf das Geschehen in „seinem" Museum: Albert Einstein © fega

Das Café Einstein im ehemaligen Wohnhaus Einsteins © fega

Meine Berner Begegnung im Hutmuseum

Sie könnte DAS Gesicht dieses Berner Hauses des Huts sein. Ist sie auch – gelegentlich und mit großer Hingabe –, wenn sie nicht gerade schreibt. Ihrer ursprünglichen Profession als Juristin geht sie jedenfalls nicht nach: Valérie Valkanap. Als ich das Hutgeschäft „Coup de Chapeaux“ in der Gerechtigkeitsgasse betrete, zieht sie sofort meine Blicke auf sich, zwischen all den Hutkreationen von elegant bis lässig, vom Schlapphut bis zum Bogart-Hut. Adrett und gertenschlank steckt sie in ihrem Pepita-Glockenrock. Und lächelt mich freundlich an. Eine Barettmütze auf dem dunklen Pagenkopf. Etwas Spitzbübisches mischt sich in ihre höfliche Zurückhaltung. Und da, da ist auch ein Hauch von Mary Poppins. Ihre Schützlinge: die Hüte. Was für eine schöne Begegnung! Valérie ist nicht nur wie Flaubert – in Rouen geboren, sie schreibt auch gern.

Valérie Valkanap im Hutladen/ Hutmuseum, Gerechtigkeitsgasse, Bern
Valérie Valkanap im „Coup de Chapeaux“, Sitz des Berner Hutmuseums © fega

Doch, Moment! Zurück zum Anlass meines Besuchs. Hier soll das Hutmuseum sein? Madame Valkanap geht mir über eine Wendeltreppe in die erste Etage voraus. Tatsächlich: Auf 40 Quadratmetern hat sich hier oben eine Hutsammlung eingefunden, liebevoll zusammen getragen vom Ladenbesitzer aus Lausanne, Michel Curchod. Ausgesuchte Exemplare allesamt. Dazwischen Fotos von Künstlern, mit denen sich bereits beim ersten Gedanken eine Kopfbedeckung verbindet: Maurice Chevalier, Frank Sinatra, die Blues Brothers. Mittendrin ein weißer Sommerhut von Francois Mitterand, ersteigert vom Hausherrn. Vintage-Postkarten mit Hutmotiven, Utensilien von Chapellerien und voluminöse Hutschachteln gesellen sich zu Orinalplakaten an den Wänden – hier, im sicher kleinsten Hutmuseum weit und breit. Gemeinsam lassen alle Exponate die einstigen Tage, in denen es eine Selbstverständlichkeit war, einen Hut zu tragen, hochleben. Den Borsalino etwa, bis Ende der 1950er-Jahre der angesagte Hut schlechthin.

Blick ins Hutmuseum, Bern
Hutmuseum Bern: ein Refugium für Hüte © fega

Zurück zu Valérie Valkanap und ihrer Schreibpassion. 2020 erschienen ihre „Chroniques bernoises“. Darin schildert sie ihre Eindrücke aus dem Alltag einer Französin in der Deutschschweiz. Im Alter von 30 Jahren verschlug es sie in die deutschsprachige Schweiz. Hierhin folgte sie ihrem Mann, zog ihre Töchter groß. Sehr bald schon wechselte sie vom Rechts- ins Schreibfach, verfasste lieber Gedichte und Kurzgeschichten in der ihr vertrauten Muttersprache. Wie sie sich in Bern zurechtfand, an welchen Erfahrungen mit Nachbarn, Ortsansässigen und Zugezogenen sie reicher wurde, wie das Berner Leben sie prägte, überraschte, erheiterte, all das lässt sich in ihren Chroniken für alle, die die französische Sprache beherrschen, nachlesen. Chapeau, Valérie!

Die Autorin mit Hut
Vielleicht doch lieber der rosenholzfarbene mit der großen Krempe? © Valerie Valkanap

Berner Sahnehäubchen – reich beschenkt mit herrlichen Aussichten

Phantastisch, spektakulär oder einfach nur wunderschön. Bern ist reich beschenkt mit Aussichten, stadteinwärts wie stadtauswärts. Sie alle sind Berner Besonderheiten und warten darauf, entdeckt zu werden! Panorama-Hopping oder einfach mal ein Ausguck zwischendurch: Gern verrate ich einige meiner Favoriten mit Ausblick auf Stadt, Wasser, Natur. Gutes Wetter bestellen und Kamera nicht vergessen!

Bern ist reich an schoenen Aussichten
Mit phantastischen Aussichten kann sich Bern rundherum schmücken © fega

Aussicht Münster-Plattform mit Lift für Schwindelfreie

Eine prächtige Aussicht bietet die hinter dem Berner Münster gelegene Münsterplattform. Sie breitet sich auf einer rund 31 Meter hohen, aufgeschütteten Terrasse aus. Riesige alte Kastanienbäume ragen aus dem entstandenen kleinen Park in den Himmel. Kein Wunder, dass die Berner:innen diesen Ort längst zu einem ihrer beliebtesten Treffpunkte gemacht haben. Unscheinbar in einer Ecke gelegen wartet eine weitere Attraktion auf der Hochebene: die Bergstation des Mattelifts. Sie wurde bereits 1897 eröffnet. Eins, zwei, drei. Das auch als Senkeltram bekannte Transportmittel saust sekundenschnell hoch und tief, tief und hoch. Und bringt täglich durchschnittlich 770 Passagiere hinunter zur Aare und ins Mattequartier oder hinauf in Richtung Münster. Höhenangst ist hier fehl am Platz.

Südblick von der Münsterplattform
Südblick von der Münsterplattform © fega

334 Stufen hoch: Aussicht vom Berner Münster

312 Stufen vom Haupteingang der dreischiffigen Basilika des Münsters muss klettern, wer den Aussichtspunkt des Kunstwerkes auf dem 101 Meter hohen Münsterturm erreichen will.


Direkt hinter der Schweizer Regierungszentrale: Aussicht Bundesterrasse

Die Bundesterrasse ist die Dritte im Ensemble, gemeinsam mit Bundeshaus und Bundesplatz bildet sie das Regierungszentrum Berns und der Schweiz. Grandiose Aussicht auch von hier: In der Nähe ziehen das Flußfreibad Marzili und die Aare und – etwas weiter entfernt – der Gurten, der Hausberg der Berner:innen, die Blicke auf sich. Von Ferne winken bei guter Sicht Mönch, Eiger und Jungfrau, immer wieder schön anzusehen. Achtung: Wer seinen Blick in diese Bergkulisse versenkt, könnte einer optischen Täuschung erliegen – und wird dafür belohnt: Durch sie wirkt die Landschaft ringsum noch zauberhafter; und in der Ferne scheint alles zusammenzurücken.


Rosengarten – Aussicht für Romantiker

Den für viele schönsten Ausblickspunkt auf die Stadt Bern bietet der Rosengarten. Hier werden seit 1917 Rosen gezüchtet, mittlerweile über 250 Sorten. Liegewiese, Rhododendrongarten, Seerosenteich, Lesepavillon – oder das Restaurant Rosengarten mit überdachter Terrasse laden dazu ein, diesen Ort zu genießen. Für Romantiker:innen lohnt es, von hier die Sonne untergehen zu sehen.

Blick vom Rosengarten in Bern hinüber zur Altstadt
Herrlich und herbstlich: Blick vom Rosengarten über die Aare auf die Altstadt © fega
Bern, Einstein-Bank auf dem Weg zum Rosengarten
Einstein auch hier: Einstein-Bank auf dem Weg zum Rosengarten © fega

Gegenüber vom Bahnhof: Hotel-Aussichtsterrasse

Auf der Terrasse des Hotels Schweizerhof direkt gegenüber vom Berner Bahnhof wartet, wenn das Restaurant geöffnet ist, ein grandioser Blick auf die Stadt Bern und die dahinterliegenden Bergketten. Auch von der Restaurant-Terrasse des Grand-Hotel Bellevue lohnt sich die Sicht. Kostenlos und ganz in der Nähe gibt die Plattform beim Münzrain den Blick frei.


Ausflüge: aber bitte mit Aussicht!

Zwei abwechslungsreiche „Berner Wege“ für Ausflüge mit Aussicht, die einem Stadt und Umgebung näherbringen, hat das Alpine Museum Bern zusammengestellt:

  • Route 1: „Studerstein – Alpines Museum der Schweiz“ ist ein Spaziergang (Dauer: knapp 2 Stunden) mit gleich mehreren Ausblicksmöglichkeiten.

  • Route 2: „Vom Gurtengipfel bis ans Aareufer“ ist eine gut 3-stündige „Expedition“ vom Gurtengipfel bis ans Aareufer. Start: Talstation der Gurtenbahn (der Gurten ist der Hausberg Berns), Ziel: Alpines Museum Bern. Diese Tour lässt sich auch in eine Wanderung ausweiten. Anregungen gibt es genug.

Fahrrad trifft Fernsicht

Last but not least: Gleich eine ganze Fernsicht-Route eröffnet die Veloroute Frienisberg. Sie führt mit dem Rad rund um Bern durch Hochmoore, Kulturlandschaften und Wälder und lädt immer wieder zum Blick in die Ferne ein, etwa beim Aussichtspunkt Leutschen. Gesamtlänge der Radtour: 43 Kilometer.


Du möchtest mehr über Ausflüge in die nahe Umgebung Berns wissen, erfahren. Wissen, wo Du ins Grüne abtauchen und auch außerhalb der Stadt Kunst entdecken kannst? Dann empfehle ich Dir meinen Artikel „Bern – kulturelles Glanzlicht mit Aussicht“.


Mein Fazit

Bern bietet eine tolle urbane Mischung mit großer kultureller Vielfalt. Das mag erstaunen, denn Bern ist eine der kleinsten Hauptstädte Europas. Vielleicht ist sie deshalb im Reigen der europäischen Hauptstädte als Reiseziel noch weitgehend unbekannt. Doch: Diese Stadt hat es geballt in sich. Der kleine Stadtradius erweist sich mit kurzen Wegen als äußerst entgegenkommend für Entdeckungsfreudige. Ein zusätzliches Plus: Die kleinen Fluchten ins malerische Berner Stadtumfeld sind schnell und unkompliziert umgesetzt.


Das ergibt eine ideale Basis für eine ebenso erlebnisreiche wie entspannte, ja erholsame Bern-Reise, mit vielen Kombinationsmöglichkeiten zwischen Kultur und Natur, Bewegung und Muße, Stadtraum und Landraum. Für mich persönlich heißt das eindeutig: uf Widerluege (auf Wiedersehen) – ganz bestimmt!

Museumsshop Bernisches Historisches Museum, Einstein to go,

Artikel zu Bern, die Dich auch interessieren könnten


Hinweis + Dank

Ich freue mich sehr über die Unterstützung von Bern Welcome und Schweiz Tourismus, die ich im Rahmen einer individuellen Medienreise für diesen Beitrag erhalten habe.

Commenti


bottom of page