Porto – Das Kochbuch: Reiseführer, Stadtportrait und kulinarische Verführung
- Felicitas

- 8. Juli
- 6 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 9. Juli
Noch ein Kochbuch? Ja! Dieses führt mitten ins Herz von Porto mit seiner charakteristischen Barockarchitektur. Das „Port“ in Porto steht für die Hafenstadt und die Keimzelle des Portweins. Von den alten Speichern am Douro aus hat der gute Tropfen einen weltweiten Siegeszug angetreten. Die portugiesische Küche wartet noch auf ihren legendären Ruf. Höchste Zeit, dass uns Sylvie Da Silva mit „Porto – Das Kochbuch“ zeigt, was die Küche draufhat.

In ihrem Kochbuch „Porto“ nimmt uns Sylvie da Silva mit in alte Seefahrertavernen, Straßencafés und nostalgische Art Decò-Restaurants. Rund 50 „authentische Rezepte und Impressionen aus Portugals faszinierender Hafenstadt“ bilden den Fonds ihrer fundierten Erkundungsreise zur Portuenser Küche. Hier ist manches anders: Wer denkt, ein Menü fängt in Nordportugal schön mit Vorspeisen an, irrt: Stattdessen wird zu nahezu jeder Mahlzeit eine Suppe gereicht, sommers wie winters. Hühnersuppe mit Minze etwa oder die Kohlsuppe Caldo Verde, die zu den typischen Spezialitäten aus Porto zählt. Sie lerne ich in den Anfangskapiteln kennen, mit denen Sylvie Da Silva informativ in die portugiesische Küche einführt.
Essen wie ein Portugiese im Restaurant
Unter der Überschrift „Draußen essen“ erfahre ich von einigen Gepflogenheiten der Restaurantkultur. Etwa: Besser keine „dose“ bestellen. Diese Portionsgröße kann – man weiß es vorher nicht – eine Familie sättigen. Die halbe Portion „Media-dose“ dagegen erspart einem, sich den Bauch allzu voll zu schlagen.

Portugiesen ordern lieber einzelne Gerichte als Menüs á la carte. Sie wissen: Was am Tisch zusätzlich serviert wird, ob Butter, Brot, Käse oder Oliven, muss bezahlt werden. Also eventuell dankend ablehnen. Gut eingestimmt durchstreife ich die Rezeptsammlung dieses bis ins Detail wunderschön gestalteten Porto-Kochbuchs.
Fotografien und Gestaltung, die Freude machen
Alles toll fotografiert: bezaubernde farbige Häuserpassagen, Paläste und Kirchen am
ansteigenden Flussufer des Douro, farbprächtige Designs auf Sardinendosen, traditionelle Ladengeschäfte, nostalgische Werbeschilder, alte schwarz-weiß Fotografien oder alte Autos – und natürlich: die charakteristischen blau-weißen „azulejos“. Die handbemalten Fliesen zieren bevorzugt Häuserwände und auch den hübschen Einband. Dergestalt bringt der Bildband gleich das schönste Geschenkpapier mit – und dieses Mitbringsel kann (nichtvegetarische) Koch- und Reisefans nur erfreuen.
Der gut in der Hand liegende Band macht gute Laune. Und vor allem Lust, die zweitgrößte Stadt Portugals, die 2001 Kulturhauptstadt Europas war und deren pittoreske Altstadt zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört, zu besuchen. Sylvie Da Silva wurde 2025 bereits mit dem International Travel BookAward 2025 für dieses ihr zweites Kochbuch (2018 erschien „Lissabon – Das Kochbuch“) ausgezeichnet – das eben viel mehr ist als ein Kochbuch.
Kochkultur trifft auf Empfehlungskultur
Dafür sorgt ein Mix aus Rezepten mit ganzseitiger Bebilderung, der sich einerseits mit großzügig eingestreuten Doppelseiten mit stimmungsvollen Fotografien sowie andererseits lesenswerten Kapiteln abwechselt. Ich erfahre vom Fest des Heiligen Johannes – Schutzpatron der Stadt – am 24. Juni, das die ganze Stadt in Festtagsstimmung versetzt. Und davon, dass der legendäre Wein aus Porto und seiner Umgebung dem Dourotal zum UNESCO-Weltkulturerbe-Status verhalf (mehr zum Weltkulturerbe erfährst Du in meinem Artikel „Das Erbe der Welt – eine globale Lesereise zu Kultur und Natur“.
„Porto – Das Kochbuch“ steckt voller Reisetipps
Genaues Lesen lohnt. Überall im Buch sind weiterführende Tipps versteckt. Im Anhang versammelt Sylvie Da Silva, die heute in Paris lebt, zusätzlich ihre Lieblingsadressen in Porto: Restaurants, Konditoreien, Lebensmittel- und Weinläden – eine Fundgrube für einen Aufenthalt in der Stadt am Douro. Auch hie geht der Plan, einer Stadt ein Kochbuch zu widmen hervorragend auf, wie auch bei „Palma de Mallorca. Das Kochbuch“, ebenfalls auf azurgold vorgestellt.

Ländliche Fleischküche
Mir fallen die Worte ein, die die Autorin wie ein Motto ihrem Kochbuch vorangestellt hat: anspruchsvoll sein und Einfachheit anstreben – das passt. Hier ist nichts überfrachtet. Da Silva, als Tochter portugiesischer Eltern in der französischen Champagne-Region geboren, formuliert ihre Kochanleitungen kurz und prägnant. Meistens liegen ihnen nicht viele Zutaten zugrunde. Und wenn, gehen sie unkompliziert in die Zubereitungsweise ein. Wie zum Beispiel bei der „Francesinha“, der kleinen Französin, von einem Koch aus Porto erfunden, der angeregt vom Croque Monsieur, eine sehr sättigende portugiesische Variante erfand. Würstchen, Kochschinken, Edamer, Eier – uff. Dieses Kochbuch ist etwas für Fleischesser. Hier geht es bodenständig zu: Bohnentopf mit Schweinefleisch, Reis mit Ente, portugiesisches Suppenfleisch, in Rotwein geschmortes Lammfleisch.
Mit der Metro ans Meer oder: in Matosinhas unter 50 Fischlokalen wählen
Auch als Fischfreundin komme ich voll auf meine Kosten. Gefüllte Tintenfische, Reis mit Meeresfrüchten und – im Land der Suppen – natürlich ein Fischeintopf. Porto ist eine Stadt der Meeresküche. Hier geht’s mit der Metro ans Meer! Nur ein paar Kilometer vom Stadtzentrum entfernt lockt das Küstenstädtchen Matosinhas. Da will ich hin! Kein mondänes Seebad wie etwa das baskische San Sebastian. Dafür: Industriearchitektur aus den 1980er Jahren, die älteste Fischkonservenfabrik Portugals „Pinhais & Cia“ – und mindestens 50 Fischrestaurants. Vor ihren Türen schweben Sardinen, Seebarsche, Kraken und Degenfische über einfachen Grills.

Eine Markthalle in modernistischer Architektur der 1940er krönt die maritime Szenerie. Drinnen ein klares Prinzip: Obst und Gemüse auf der einen Seite und Fisch auf der anderen Seite. Und den kann ich mir nach Kauf direkt in einem der benachbarten Restaurants braten lassen, zu einem sehr fairen Preis. Wenn ich da bin, nächstes Jahr. Besser als mit diesem atmosphärisch tiefgehenden Porto-Führer hätte ich mich nicht einstimmen können! Meine Vorfreude steigert sich zusehends. Bis zur Reise könnte ich mal einen Stockfisch-Gratin zubereiten und Stockfisch mit Maisbrotkruste.
Stockfisch, Kabeljau oder: bacalhau – der Lieblingsfisch der Portugiesen
Jahrhunderte alt ist die Beziehung zwischen dem portugiesischen Volk und dem Kabeljau. Hier heißt er: „Bacalhau“. Für den Lieblingsfisch und „treuen Freund“ der Portugiesen gibt es angeblich 365 Zubereitungsarten, etwa zu kugeligen Pasteten „Pasteis de bacalhau“. „Ein Fisch für alle Fälle“ heißt das Kapitel über den Stockfisch dann auch. Übrigens ist es erlaubt, Bacalhau in der Fastenzeit zu essen. Das erinnert mich gleich an Georgina Haydens Kochbuch „Nistissima“, das so eindrucksvoll in die traditionsreichen Rezepte der griechisch- zypriotischen Fastenküche einführt, die wenig an Mangel denken lassen. Mehr dazu im azurgold-Artikel „Fasten nach Kochbuch: Georgina Haydens vegane Levante-Küche Nistisima“.
Tipps für Sterne-Küche in Porto
Wer eine unvergessliche „Franceshina“ oder einen ausgezeichneten Fischtopf von den Azoren probieren möchte, dem verhilft Rui Pauka zu einem unvergesslichen Geschmackserlebnis. 2019 mit zwei Michelin-Sternen ausgezeichnet, verkörpert er als Kind Portos die neue Küche der Stadt, für die Da Silva ebenfalls Einkehrtipps bereithält.

Das Süße zum Schluss: Pastéis de nata und portugiesisches Tiramisu
Portugiesen sind „Süßschnäbel“. Im abschließenden Kapitel stellt Sylvie Da Silva Desserts vor, „Doces conventuais“, weil sie klösterlichen Ursprungs: Pastéis de nata, die Blätterteigtörtchen mit leicht zitroniger Creme – natürlich, Bratäpfel in Portwein, Arme Ritter mit Milchcreme, Karamellpudding oder: Himmelscreme, das portugiesische Tiramisu. Im Anhang entdecke ich noch, wo es einen ausgezeichneten Schokoladenkuchen mit Baiser gibt: im „Verham mais 5“, zu deutsch „Gib mir fünf“. Und das führt direkt zu meiner Bewertung: Ich gebe fünf von fünf Sternen für dieses mich rundum überzeugende Kochbuch!
Mein Fazit
Sylvie Da Silva vollbringt mit ihrem „Porto“-Kochbuch eine überaus gelungene Annäherung an die nordportugiesische Hafenstadt und eine facettenreiche Entdeckungsreise in die portugiesische Küche. Dafür hat sie den Travel BookAward 2025 erhalten. Wie aus einem Guss stellt sie ihre Rezeptkollektion Seite an Seite mit kulturellen und geschichtlichen Hintergründen, umfassenden Einblicken in die Esskultur und kulinarischen Empfehlungen. Als Leserin gibt sie mir das Gefühl, mir die Stadt wie einer Freundin vorzustellen. Achtung: ein Kochbuch, das zu akuter Reiselust führt!
Buchempfehlung
Sylvie Da Silva. Authentische Rezepte und Impressionen aus Portugals faszinierender Hafenstadt. Südwest Verlag 2025, 192 Seiten, Format: 19,5 x 24,0 cm
Über die Autorin
(Verlagstext) Sylvie da Silva wurde als Tochter portugiesischer Eltern in der Champagne- Region in Frankreich geboren und genießt seit ihrer Kindheit dieses doppelte Erbe. Sie startete ihr Berufsleben im Tourismusbereich, spezialisiert auf Kulturreisen auf der Iberischen Halbinsel. Ihre Leidenschaft für das Kochen wuchs mit ihren Reisen und verfestigte sich schließlich mit der Entdeckung der internationalen Küchen, als sie sich in Paris niederließ.





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